Unfälle bei der Flößerei auf der Enns

Untersuchung der Flößerunfälle am Fluss Enns zwischen 1880 – 1940 anhand von Kirchenmatrikeln und zeitgenössischen Zeitungsberichten

Gotthard Schönmayr - Flößer - Floesserei 3

Floß auf der Enns 1943

Floß auf der Enns 1943


Die Flösser


Aus den Matrikeln ist zu sehen, dass der Großteil der Flößer aus dem Bereich zwischen Hieflau und Weyer stammt. In der Zeit um die Jahrhundertwende waren auch zahlreiche italienische Flößer - aus dem Raum Oberitalien - Lombardei - Venezien im Einsatz.

Der Anführer einer Partie hatte oft Geld bei sich, um seine Gehilfen nach Beendigung der Fahrt zu bezahlen. Da ein Floßführer oft lange für einen bestimmten Holzverleger unterwegs war, bildete sich eine Art von Abhängigkeit heraus, obwohl es sich hier offensichtlich um selbständiges Gewerbe handelte. In einem Zeitungsabschnitt vom 26.7.1935 wird von einem Art Rahmenvertrag berichtet, der je Fahrt und je nach Holzmenge die Bezahlung regelte. Im Falle einer Havarie war die Bergung des Holzes von den Flößern unentgeltlich zu versuchen.


Schwimmer


Aus den untersuchten Quellen ergibt sich folgendes Bild: Es ertranken eine große Anzahl von Menschen. Kinder, die am Wasser spielten, wurden oft Opfer, viele auch in kleinen Bächen. Auch stürzten immer wieder Personen in den Fluss, etwa nach Gasthausbesuchen. Oft gab es auch Unfälle bei Holzarbeiten in Ufernähe. Häufig wird von Selbstmördern berichtet. Nur wenige Personen sind bei Badeunfällen gestorben.
Gelegenheiten das Schwimmen zu erlernen, gibt es im Ennstal nur wenige. Es gibt praktisch keine Seen, der Fluß war ein reißendes Wildwasser. Die Landbevölkerung hatte überdies große Scheu, die Kleidung abzulegen. Vermutlich war einer der wenigen Anlässe Schwimmen zu lernen, der Militärdienst.
Dass ein Großteil der Bevölkerung nicht schwimmen konnte zeigen zum Beispiel folgende Unfälle:
21.9.1899: Da die Brücke bei Altenmarkt vom Hochwasser weggerissen war, wurde ein Fährbetrieb mit einer Zille eingerichtet. Die Zille kippte und sämtliche 6 Personen ertranken.
12.10.1930 : Bei Losenstein unternahmen 7 Burschen eine Ausflugsfahrt mit einer Zille. Als sie kenterte, ertranken 5 Personen.
Bei Floßunfällen wird in den zeitgenössischen Berichten immer wieder auch von Schwimmern berichtet. Aber selbst Schwimmer konnten sich bei Unfällen in der reißenden Enns nicht immer retten. Deutlich zeigt sich dies dadurch, dass 14 Faltbootfahrer ertranken, die sicher alle schwimmen konnten.
Es wird immer wieder berichtet, dass Flößer nicht schwimmkundig sein durften. In der Bröschüre "Historisches Steyr" (Verlag Kellner, Korneuburg, 2007) steht auf Seite 10: "Die Flößer mußten Nichtschwimmer sein, wodurch verhindert wurde, daß sie sich bei Gefahr mit einem Sprung ins Wasser retten würden und das wertvolle Floß preisgaben". Die Flößer waren aber meist selbständige Unternehmer, die für verlorengegangenes Holz dem Verleger gegenüber hafteten. Für den Holzverleger war es also in finanzieller Hinsicht egal, ob die Flößer schwimmen konnten oder nicht. Das Klischee vom skrupellosen Holzverleger und den gefährdeten Flößern wird zwar oft erzählt, hat mit den Tatsachen aber nichts gemein.
1833 wurde in Steyr eine Schwimmschule errichtet, "Unterricht wurde an die Söhne von Schiffleuten, Flößern und anderen erteilt" (Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender, 1925, Seite 20).
Der Holzverleger Josef Reder erlernte übrigens von einem Schiffmeister schwimmen (Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender, 1965, Seite 45).
Unter den Flößern war das "Schwimmverbot" sicher auch eine Schutzbehauptung zur Rechtfertigung der Nichtschwimmer. Beispiele dafür fanden sich bis in neueste Zeit auch in meinem beruflichen Umfeld: Nichtschwimmer bewarben sich für Vermessungsarbeiten am Fluß, die immer wieder auf kleinen Booten durchgeführt werden mussten.